Sherry ist ein einzigartiger Wein: Aus nur drei zugelassenen Weißweintrauben östlich und nördlich der Stadt Jerez de la Frontera wird in teilweise Jahrhunderte alten Soleras in einem aufwendigen Reife- und Verschnittverfahren ein Wein geschaffen, der so vielseitig ist wie kein anderer. Die Palette reicht vom extrem trockenen Manzanilla, der den salzigen Duft des Atlantiks atmet, bis hin zum äußerst süßen und körperreichen Oloroso und Cream Sherry, der besonders in Großbritannien seit scheinbar ewigen Zeiten als Dessertwein geschätzt wird.
Ein Wein mit Geschichte
Jerez de la Frontera liegt inmitten des sogenannten Sherry-Dreiecks, welches sich zwischen der Hafenstadt Cadiz in Andalusien und dem Fluss Guadalquivir erstreckt. Das Wort „Sherry“ leitet sich vom arabischen „Sherish“ ab. So nannten die andalusischen Mauren des Früh- und Hochmittelalters die Stadt und auch den daher stammenden Wein. Doch dessen Geschichte geht noch viel weiter zurück: Bereits die Phönizier begannen in Andalusien um 1100 v. Chr. mit dem Anbau von „Cera“ (Wein). Die wechselnden Herrscher der Region – Römer, Westgoten, Mauren, Spanier – verbesserten das Herstellungsverfahren über die Jahrhunderte immer weiter. Seit 1483 schließlich gelten für Sherry die „Vorschriften für Rosinenhersteller und Weinlese“. Zum Vergleich: Das deutsche Reinheitsgebot gilt erst seit 1516.
1587 erbeutete dann der englische Freibeuter Francis Drake 2900 Fässer besten Sherrys, der nun in Englands Upper-Class kredenzt wurde und sich dort bald größter Beliebtheit erfreute. Für die Sherry-Hersteller entpuppte sich der Raub letztendlich als Glückssache: Der Wein wurde für die reichen englischen Kaufleute zur beliebten Handelsware. Das britische Empire löste Spanien als vorherrschende Imperialmacht ab und erstreckte sich bald über große Teile der Welt. Da die Lords und Ladies auch in Übersee nicht auf ihren Genuss verzichten wollten, wurde der Konsum des andalusischen Weines auch nach Amerika und in entlegene Winkel der Welt verbreitet.
Rebsorten und Anbau
Für die Herstellung von Sherry verwendet werden ausschließlich die Sorten Palomino-Fino, Moscatel de Alejandria und Pedro Ximenez – allesamt Weißweinreben. Diese werden auf verschiedenen, im Sherry-Dreieck vorkommenden Böden angebaut. Den Hauptanteil macht stets Palomino-Fino aus. Um die Süße des Weins zu steuern werden je nach Sorte und Hersteller noch Moscatel oder Pedro Ximenez hinzugesetzt. Diese Sorten werden vor dem Keltern getrocknet und sind besonders zuckerhaltig. Dadurch wandeln die Weinhefekulturen den im Saft enthaltenen Zucker nicht vollständig in Alkohol um. Das Ergebnis ist die distinktive Süße des Sherrys.
Den wohl hochwertigsten Sherry bei allerdings vergleichsweise geringer Kapazität bringt dabei der besonders helle, kalkhaltige Boden hervor, der Albariza genannt wird. Ebenfalls angebaut wird auf dem lehmhaltigen „Barros“ in den Tälern. Hier ist der Ertrag reicher, der hier angebaute Wein hat eine kräftigere, bodenständigere Note.
Herstellung und Reife in der Solera
Die Besonderheit dieses Weins gründet also zum einen in den verwendeten Trauben und dem ganz speziellen Terroir der weißen Böden von Jerez. Sein größtes Geheimnis liegt jedoch in der Herstellung. Die Jungweine werden in dem einzigartigen Solera-Verfahren langsam und kontinuierlich mit älteren Weinen verschnitten, um eine über Jahrzehnte gleichbleibende Qualität zu gewährleisten.
In drei – meistens mehr – Reihen werden Fässer gestapelt, wobei die ältesten immer unten liegen. Die Fässer sind dabei nur zu ungefähr 85% gefüllt. Zum Abfüllen für den Verkauf wird der untersten Fassreihe ungefähr ein Drittel der Füllmenge entnommen. Dann werden die Fässer von oben nach unten wieder aufgefüllt: Aus der zweiten Reihe wird Wein in die unterste Reihe nachgefüllt, aus der Dritten in die zweite und so fort.
In den nie völlig gefüllten Fässern bildet sich auf der Oberfläche des Weins eine „Flor“ genannte Schicht aus Kahmhefe, die vor Oxidation schützt und dem Wein besondere Geschmacksnoten verleiht. Je nachdem, ob der Kellermeister einen feinen Fino, einen körperreichen Amontillado oder einen kräftigen Oloroso erzielen will, wird er dem Wein früher oder später eine bestimmte Menge an Branntwein zusetzen. Dieser bewirkt nicht nur ein Absterben der Flor, was zum Einsetzen der Oxidation führt, sondern erhöht auch den Alkoholgehalt, der bei manchen Sherrys bis an die 20% heranreichen kann.
Geschmack und Note des Sherry entscheiden sich vor allem in diesem Herstellungsschritt. Unterschieden wird hauptsächlich zwischen „oxidativen“ und „nichtoxidativen“ Sorten – also ob die Weine bei der Reifung verstärkt Sauerstoff ausgesetzt sind oder nicht.
Fino
Auf dem gelagerten Wein bildet sich naturgemäß eine Hefeschicht an der Oberfläche aus, die Florhefe. Diese ist so dicht, dass sie die darunterliegende Flüssigkeit vom Sauerstoff trennt. Nichtoxidative Sherrys reifen ohne Sauerstoffzufuhr drei Jahre im Solera-Verfahren unter dieser Hefeschicht und werden Fino genannt. Der Fino schmeckt noch am ehesten wie ein Weißwein, trocken und vergleichsweise leicht. Entsprechend wird er auch wie dieser gerne zu Fisch und Meeresfrüchten getrunken. Dabei sollte er auf 7-8 °C gekühlt sein.
Oloroso
Die oxidativen Sorten werden in offenen Fässern gelagert. Um eine erhöhte Sauerstoffzufuhr zu gewährleisten, wird der Branntweinanteil so erhöht, dass der Alkoholgehalt bei mindestens 17% liegt. Eine solche Alkoholkonzentration ist selbst für die Weinhefe zu viel, der Pilz stirbt ab. Deshalb kommt es gerade nicht zur Bildung der Florhefe und die Oberfläche des gelagerten Gemischs ist dem Sauerstoff ausgesetzt. Der so erzeugte Tropfen trägt den Namen „Oloroso“ und schmeckt wegen der Reaktionen mit dem Sauerstoff deutlich kräftiger als ein Fino. Diese kräftige Note macht ihn zu einem hervorragenden Begleiter für rotes Fleisch. Damit sich das Aroma ganz entfalten kann, sollte die Trinktemperatur mit 16-17 °C etwas höher liegen.
Amontillado
Gewissermaßen ein Zwitterprodukt ist der Amontillado: Nachdem er zunächst mehrere Jahre ohne Sauerstoff unter der Florhefe lagert, wird vor Ende der Reife der Alkoholgehalt auf mindestens 17% erhöht, die Hefekulturen sterben ab und der Wein ist die letzte Zeit seiner Reife „an der frischen Luft“.
Palo Cortado
Eine besonders hochwertige Variante des Amontillado ist der Palo Cortado. Hier wird der Wein nach dem Lagern unter Flor etwas stärker aufgespritet, sodass der Alkoholgehalt bei 18-22% liegt. Traditionell wurde der die Fino-Fässer markierende Kreidestrich (Palo) durchgestrichen (cortado), sobald das Absterben der Florhefe festgestellt werden konnte.
Pedro Ximenez und Moscatel
Neben den vorgenannten Sorten, deren Weinbasis hauptsächlich aus Palomino-Fino-Trauben gekeltert wird, werden auch Weine aus Pedro Ximenez und Moscatel verwendet. Die fertige Sorte wird dann nach der jeweils verwendeten Rebsorte benannt. Diese Trauben haben einen erheblich höheren Zuckergehalt. Ergebnis sind eine dunkle, gesetzte Farbe und eine schwere Süße. Diese Sorten ähneln eher einem hochwertigen Likör als an einen Wein.
Wir hoffen, Ihnen auf unserer Seite einen interessanten Einstieg in die Welt des Sherry geben zu können und dazu beizutragen, ihm wieder den ihm gebührenden Ehrenplatz unter den Weinen dieser Welt zu verschaffen: Dieser Wein ist eine besondere Delikatesse zu jeder Gelegenheit und für jeden Geschmack ist etwas dabei – denn Sherrys sind moderne Traditionalisten, die mit ihrem zeitlosen Stil über Jahrhunderte und unbeeindruckt von kurzlebigen Modeerscheinungen den Geschmack der Welt treffen.